Roman Dejon | SEPT

Bildband des Monats/Photo book of the month

In dieser Kolumne stelle ich von Zeit zu Zeit einen Bildband vor, welcher mir sehr am Herzen liegt. Dabei handelt es sich nicht – oder nicht zwangsläufig – um eine Neuerscheinung. Es ist einfach ein Buch, welches mir irgendwie in die Hände gefallen ist und das ich Anderen gerne nahelegen möchte.

In this column I present from time to time a photo book that is very close to my heart. It is not – or not necessarily – a new release. It is simply a book that somehow came into my hands and that I would like to suggest to others.

Dezember/December 2023 – Roman Dejon | SEPT

Mein Fotobuch des Monats Dezember 2023 wäre fast das Fotobuch des Jahres 2023 geworden. Es hätte aus meiner Sicht ganz klar das Potential dazu und zudem wäre es auch recht passend gewesen, denn SEPT von Roman Dejon kam sogar 2023 heraus. Dass es dies nicht geworden ist, sondern doch ein anderes, vorher schon eingeplantes, hat einen einfachen Grund. Das Fotobuch des Jahres 2023, welches ich in ein paar Tagen vorstellen möchte, hat für mich und meine Fotografie einfach andere andere Bedeutung.

Nichtsdestrotrotz ist der Dezember vielleicht trotzdem ein guter Monat für die Vorstellung dieses Buches – Weihnachten steht vor der Tür. Und meines Wissens nach gibt es noch ein paar Exemplare, meines ist Nummer 199 von 350. 😉

My photo book of the month for December 2023 almost became the photo book of the year 2023. In my opinion, it clearly had the potential to become one and it would also have been quite fitting, as SEPT by Roman Dejon was even published in 2023. There’s a simple reason why it didn’t turn out that way, but instead another one that had already been planned. The photo book of the year 2023, which I would like to present in a few days, simply has a different meaning for me and my photography.

Nevertheless, December might still be a good month to present this book – Christmas is just around the corner. And as far as I know, there are still a few copies left, mine is number 199 out of 350 😉

Über Roman Dejon/About Roman Dejon

Eins vorweg: Für ChatGPT existiert Roman Dejon noch nicht. Auf eine Anfrage bei diesem Bot musste ich lesen: “Zum besten meines Wissens bis zu meinem letzten Kenntnisstand im Januar 2023 gibt es keine weitverbreitete oder bekannte Person namens Roman Dejon”. Ob das gut, schlecht oder total egal ist, muss jeder und jede für sich entscheiden – Roman sicher auch. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass sein Buch SEPT im Januar 2023 noch nicht veröffentlich war. Also mache ich es mir hier ganz leicht und verweise einfach auf das “About” auf seiner Webseite.

First of all: Roman Dejon does not yet exist for ChatGPT. In response to an enquiry to this bot, I had to read: “To the best of my knowledge up to my last state of knowledge in January 2023, there is no widespread or well-known person named Roman Dejon”. Whether that’s good, bad or totally irrelevant is something everyone has to decide for themselves – including Roman, I’m sure. However, this may also be due to the fact that his book SEPT had not yet been published in January 2023. So, I’ll make it easy for myself here and simply refer to the “About” on his website.

SEPT

Prolog/Prologue

Vielleicht etwas Persönliches vorab. Ein Bildband wie der von Roman Dejon ist für mich sehr ungewöhnlich. Mein Zugang zu dieser Art der Fotografie, für die Roman Dejon steht (oder zumindest die ich auf seiner Webseite sehe), ist durchaus begrenzt. Das gesamte Genre – ich hoffe, ich sage jetzt nichts Falsches – konzeptionelle Modell-Shootings (Inkl. Beauty, Mode, etc.) ist mir praktisch unbekannt. Und sehr oft interessiert mich das auch gar nicht besonders. Ich besitze auch kein anderes Buch mit Fotografien aus – wieder vorsichtig ausgedrückt – “diesem Bereich”. Nicht einmal einen Lindbergh oder so…

Dass es hier mit SEPT etwas anders ist und ich dieses Buch gekauft habe, liegt zum einen an meiner Neugier und zum anderen an den Bildern, die ich hier und da als Vorschau dazu gesehen habe. Aber dazu später mehr.

Perhaps something personal first. A photo book like Roman Dejon’s is very unusual for me. My approach to the kind of photography that Roman Dejon stands for (or at least that I see on his website) is quite limited. The whole genre – I hope I’m not saying the wrong thing – conceptual model shoots (incl. beauty, fashion, etc.) is practically unknown to me. And very often, I’m not particularly interested in it. I also don’t own any other book with photographs from – again, to put it mildly – “this area”. Not even a Lindbergh or anything like that…

The fact that things are a little different here with SEPT and that I bought this book is partly due to my curiosity and partly due to the pictures I’ve seen here and there as previews. But more on that later.

Das kleine Mysterium/The little mystery

Ich fange mal mit dem etwas Mysteriösen an: dem Titel. Wofür die vier Buchstaben SEPT stehen, wird in dem Buch nicht erklärt. Es erklärt sich auch nicht direkt aus den Bildern – also zumindest mir nicht. Und bisher habe ich auch in Interviews und anderen Beiträgen mit oder über das Buch von Roman Dejon keine Antwort darauf gefunden. Ganz im Gegenteil: Roman Dejon selbst scheint es darauf anzulegen, dass die Betrachter:innen seines ersten Buches selbst eine Idee oder ein Bild für diesen Titel entwickeln. Was er selbst damit verbindet, sagte er meines Wissens nach bisher nicht.

Tja, neben dem Banalen – also der Abkürzung für den Monat September – bleiben noch eine fast unendlich große Anzahl von Möglichkeiten, wenn man diese vier Buchtaben wirklich für ein Akronym hält. Auch der Vorschlag von ChatGPT ist eher so lala: Special Event Planning Team. Ich habe eher das Gefühl, dass SEPT für etwas persönliches und emotionales steht. Allenfalls die Erklärung des Wortes als “Teil einer Familie” (wird wohl in Schottland und Irland so genutzt) wäre irgendwie zumindest nicht abwegig. Und es sind insgesamt sieben (französisch: sept) Serien. Vielleicht ist es so einfach, vielleicht ist das aber auch nur ein winziger Teil der Wahrheit. 🙂

Und ganz ehrlich: so ganz doll neugierig bin ich da einfach nicht. Für mich ist es OK, wenn die Buchstaben für Roman Dejon eine Bedeutung haben, für mich aber vielleicht keine besondere. Mich interessieren die Bilder weitaus mehr.

I’ll start with the somewhat mysterious part: the title. The book doesn’t explain what the four letters SEPT stand for. Nor is it explained directly from the pictures – at least not to me. And so far, I haven’t found an answer in interviews and other articles with or about Roman Dejon’s book either. Quite the opposite: Roman Dejon himself seems to want the viewers of his first book to develop an idea or image for this title themselves. As far as I know, he has not yet said what he himself associates with it.

Well, apart from the banal – i.e. the acronym for the month of September – there are still an almost infinite number of possibilities if you really think these four letters are an acronym. A suggestion from ChatGPT is also rather so-so: Special Event Planning Team. I rather have the feeling that SEPT stands for something personal and emotional. At best, the explanation of the word as “part of a family” (which is probably how it is used in Scotland and Ireland) would at least not be far-fetched. However, iAnd there are a total of seven (French: sept) photographed series in the book. Maybe it’s that simple, but maybe that’s only a tiny part of the truth. 🙂

And to be honest: I’m just not that curious. It’s OK for me if the letters have a meaning for Roman Dejon, but perhaps no special meaning for me. I’m far more interested in the pictures.

Schwarz/Black

Das Buch ist sehr schwarz – OK, außen vielleicht eher Anthrazit. Das Schwarz zieht sich aber auch im Inneren des Buches weiter. Damit meine ich nicht einmal unbedingt die Stimmung, das soll jeder oder jede sehen, wie er oder sie will. Für mich ist sie z.B. gar nicht so schwarz im Sinne von dunkel. Ich meine hier wirklich die “Farbe”. Schwarz ist bei vielen der Bilder dominierend – teils sogar extrem dominierend. Mehr als 10kg schwarze Druckerfarbe sollen für die Produktion verbraucht worden sein! Das ist – wahrscheinlich – Teil des Konzeptes, Teil der Idee, Teil der Stimmungslage, in der dieses Projekt entstanden ist.

The book is very black – OK, perhaps more anthracite on the outside. But the black also continues inside the book. I don’t even necessarily mean the mood, everyone should see it how they want. For me, for example, it’s not so black in the sense of dark. I really mean the “colour” here. Black is the dominant colour in many of the pictures – sometimes even extremely dominant. More than 10kg of black ink is said to have been used for the production! This is – probably – part of the concept, part of the idea, part of the mood in which this project was created.

Dieses unglaublich tiefe Schwarz ist für mich aber einer der Schlüssel zum Eintauchen in die Bilder. Es lenkt meinen Blick auf das Motiv, auf den Teil oder die Teile, welche im Licht liegen. Wäre es anders, wäre ich überfordert. Viele der Bilder sind so intensiv und emotional, dass ein Mehr an Licht, ein Mehr an Details, mich total ablenken würde. Schon so muss ich – ich wiederhole mich – eintauchen in die Bilder, um sie für mich zu verstehen. Was sehe ich da? Was bedeuten die Gesichtsausdrücke, die Haltungen der fotografierten Menschen? Dafür ist das Schwarz extrem hilfreich, da reduzierend. Und unfassbar still und beruhigend…

But for me, this incredibly deep black is one of the keys to diving into the pictures. It directs my eye to the subject, to the part or parts that are in the light. If it were otherwise, I would be overwhelmed. Many of the pictures are so intense and emotional that more light, more detail, would totally distract me. As it is, I have to – I repeat myself – immerse myself in the pictures in order to understand them for myself. What do I see there? What do the facial expressions, the postures of the people photographed mean? The black colour is extremely helpful for this, because it reduces. And incredibly quiet and calming…

Und dann eins noch als Kontrast zum Schwarz: Das Licht. Das Licht in diesen Gartenschuppen, wo die Aufnahmen entstanden, ist einfach magisch und atemberaubend. Ein Sensationsort für die Fotografie…

And then one more thing as a contrast to the black: the light. The light in this garden shed, where the photos were taken, is simply magical and breathtaking. A sensational location for photography…

Gefühle und Nähe/Emotions and closeness

Nun komme ich zu dem, was dieses Buch vielleicht am meisten ausmacht: Gefühle. Für mich sind fast alle Bilder – vielleicht sogar alle – sehr emotional, oder besser gesagt emotionalisierend. Ich werde durch diese Bilder gleichsam beruhigt wie emotional aufgewühlt. Beruhigt wie erwähnt durch die Art, die Dunkelheit, die “Stille” der Bilder. Und aufgewühlt wegen der immensen Tiefe dieser Bilder, der zarten und sinnlichen Menschlichkeit, wegen des Geheimnisvollen,…

Nicht, dass andere Bilder einer mir näher liegenden Fotografie keine Emotionen bei mir auslösten. Das tut Fotografie bei mir immer. Egal, ob Egglestons berühmte Kühlschrankbilder oder – noch mehr – natürlich ein Projekt wie Family Love von Darcy Padilla. Dort ist es aber eher die reale Szene, die mich emotional berührt. Denn ich verstehe, was ich sehe. OK, oder zumindest denke ich, dass ich das Gesehene verstehe. Bei den Bildern von Roman Dejon in SEPT berührt mich das Bild an sich, auch weil ich es erstmal nicht verstehe oder deuten kann. Oder einfach nur, weil ich es unglaublich schön finde. Punkt.

Now I come to what perhaps characterises this book the most: feelings. For me, almost all the pictures – perhaps even all of them – are very emotional, or rather emotionalising. I am both calmed and emotionally stirred by these images. Calmed, as I mentioned, by the nature, the darkness, the “stillness” of the pictures. And emotionally charged because of the immense depth of these images, the tender and sensual humanity, because of the mysterious,…

Not that other pictures of a photography closer to me didn’t trigger emotions in me. Photography always does that for me. Whether Eggleston’s famous fridge images or – even more so – a project like Family Love by Darcy Padilla. There, however, it is more the real scene that touches me emotionally. That’s because I understand what I’m seeing. OK, or at least I think I understand what I see. With Roman Dejon’s pictures in SEPT, the image itself touches me, partly because I don’t understand or can’t interpret it at first. Or simply because I find it incredibly beautiful. Period.

Der Bildband/The Photo Book

Der Bildband ist sehr schön gemacht, großformatig, mit Fadenheftung und edlem schwarzem – oder anthrazitfarbenem – Leineneinband. Wenn ich das richtig verstehe, hat Roman Dejon es mit Wiebke Schäfer selbst designed und bei Satzdruck im Münsterland produzieren lassen. Alles in allem finde ich es sehr wertig und liebevoll gemacht. Jedes Exemplar ist zudem nummeriert, handsigniert und mit einer persönlichen kleinen Nachricht von Roman Dejon versehen. Ach ja, und zudem gibt es einen QR-Code zu einer kleinen Playlist auf Spotify.

Als großer Liebhaber von tollem Fotopapier gefällt mir vor allem die Papierauswahl sehr gut. Edel, matt und geeignet für die sehr tiefen Schwärzen erinnert es mich ein wenig an mein geliebtes Sihl Masterclass Satin Baryta, welches – ich könnte heulen – nicht mehr produziert wird. Tolles Papier, von dem Roman in einem Interview selbst sagt, es sei “eine Diva”. Muss kein Fehler sein…

The photo book is beautifully made, large-format, with thread stitching and an elegant black – or anthracite-coloured – linen cover. If I understand correctly, Roman Dejon designed it himself with Wiebke Schäfer and had it produced by Satzdruck in the German Münsterland. All in all, I find it very high-quality and lovingly made. Each copy is also numbered, hand-signed and comes with a small personal message from Roman Dejon. Furthermore, there’s also a QR code to a small playlist on Spotify.

As a huge lover of great photo paper, I particularly like the paper selection. Noble, matt and suitable for very deep blacks, it reminds me a little of my beloved Sihl Masterclass Satin Baryta, which – I could cry – is no longer in production. Great paper, which Roman himself says in an interview is “a diva”. Doesn’t have to be a mistake…

Abschließende Worte/Final words

Ich fasse mich hier total kurz. Wenn ihr noch die Chance haben solltet und die Fotografie liebt, es euch ein bisschen nach Emotionen und einer (geheimnisvollen) Spannung dürstet, dann kauft euch SEPT! Heute noch, viele Exemplare werden vielleicht nicht mehr da sein. Ich bin sehr glücklich, dass ich früh genug drauf gestoßen bin und nehme es gerade jetzt im Winter, wenn es auch draußen dunkel ist, in die Hand und genieße es, verwirrt, erstaunt, berührt und neugierig darin zu blättern und zu sehen, was es mit mir macht.

I’ll be very brief here. If you still have the chance and love photography and are thirsty for a bit of emotion and (mysterious) suspense, then buy SEPT! Today, there may not be many copies left. I’m very happy that I came across it early enough and am picking it up right now in winter, when it’s dark outside too, and enjoying leafing through it, confused, amazed, touched and curious to see what it does to me.

P.S.

Kleiner Tipp noch: Schaut euch die Bilder lange und genau an. Und haltet es vielleicht auch mal gegen ein helles Licht. Ihr werdet vielleicht wundersame Dinge entdecken. 😉

A little hint: take a long, close look at the pictures. And perhaps hold it up to a bright light. You may discover some wondrous things. 😉

4 Comments

    • Lieber Roman,

      vielen Dank für das tolle Buch und damit auch für die Bereicherung meiner fotografischen Welt…

      VG
      Peter

  • Hi Peter,
    Thank you so much for your’e review of phonebooks, it inspires me a lot!
    Please take a look at the books of Stephan van Fleteren, a Belgian photographer, especially his last book Atelier is so beautiful.
    Keep up the good work on this site!
    Kind regards, Martien

    • Hello Martien,

      Thank you very much for your comment. I’m delighted that you’ve found inspiration here on my site. And thank you for pointing out Stephan van Fleteren – I didn’t know this photographer before. I’ve had a quick look at his work and I’m sure I’ll look into him more. Looks exciting…

      Cheers,
      Peter

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