William Eggleston | Chromes (2022)

Bildband des Monats/Photo book of the month

In dieser Kolumne stelle ich von Zeit zu Zeit einen Bildband vor, welcher mir sehr am Herzen liegt. Dabei handelt es sich nicht – oder nicht zwangsläufig – um eine Neuerscheinung. Es ist einfach ein Buch, welches mir irgendwie in die Hände gefallen ist und das ich Anderen gerne nahelegen möchte.

In this column I present from time to time a photo book that is very close to my heart. It is not – or not necessarily – a new release. It is simply a book that somehow came into my hands and that I would like to suggest to others.

Februar/February 2023 – William Eggleston | Chromes (2022)

In diesem Monat stelle ich keinen wirklich neuen Bildband vor – und das im doppelten Sinne. Zum einen handelt es sich bei dem aus drei Bänden bestehenden Bildband “Chromes” um einen Nachdruckdes des längst vergriffenen und bereits 2011 bei Steidl erschienen Werkes. Zum anderen sind die dort vorgestellten Fotografien von William Eggleston – logischerweise – alles andere als neu.

Ich nehme daher den Nachdruck von 2022 als Anlass für die Vorstellung dieses großartigen Werkes. Abgesehen davon habe auch ich erst diese Auflage kaufen können.

This month I am not presenting a truly new photo book – and that in two senses. On the one hand, the three-volume photo book “Chromes” is a reprint of the work published by Steidl in 2011, which has been out of print for a long time. Secondly, the photographs by William Eggleston presented there are – logically – anything but new.

I am therefore using the 2022 reprint as an occasion to present this great work. Apart from that, I too have only been able to buy this edition.

Über William Eggleston/About William Eggleston

Eigentlich muss man zu William Eggleston nicht so viel sagen. Er wurde 1939 in Memphis, Tennessee geboren und gilt als einer der einflussreichsten Fotografen seiner Zeit. Er hatte ganz entscheidenden Anteil daran, dass die bis dahin verpönte Farbfotografie auch im künstlerischen Bereich Einzug fand. Bahnbrechend hierfür war – zumindest im Nachhinein – seine Ausstellung “Photographs by William Eggleston” 1976 im MoMA in New York.

Bekannt ist Eggleston besonders für seine Auswahl eher recht banaler Motive. Damit jedoch hat er wie kaum ein Zweiter (vielleicht noch Stephen Shore) über Jahrzehnte die urbanen Landschaften (der USA) von innen wie von außen betrachtet dokumentiert.

Actually, not much needs to be said about William Eggleston. He was born in Memphis, Tennessee in 1939 and is considered one of the most influential photographers of his time. He played a decisive role in bringing colour photography, which had been frowned upon until then, into the artistic field. His exhibition “Photographs by William Eggleston” in 1976 at the MoMA in New York was ground-breaking – at least in retrospect.

Eggleston is particularly known for his selection of rather banal motifs. With these, however, he has documented the urban landscapes (of the USA) from the inside as well as from the outside for decades like hardly anyone else (perhaps Stephen Shore).

Auf die Frage, ob und wie weit William Eggleston meine Fotografie beeinflußt hat, antworte ich einfach mal mit ein paar Bildern… 😉

To the question of whether and to what extent William Eggleston has influenced my photography, I will simply answer with a few pictures… 😉

Chromes (2022)

Prolog/Prologue

Wie gesagt handelt es sich hier um einen Nachdruck des dreiteiligen Bandes von 2011. Dieses Werk war recht schnell vergriffen, und das nicht ohne Grund. Großformatig, in Leinen eingebunden und vor allem auf hervorragendem, schweren Papier gedruckt bestechen die Bände durch eine wirklich tolle Reproduktionsqualität. Allein das war für mich ein Grund, mir “Chromes” zuzulegen – und ich besitze bereits den ein oder anderen Bildband von William Eggleston.

As I said, this is a reprint of the three-part volume from 2011. This work was out of print quite quickly, and not without reason. Large-format, bound in linen and, above all, printed on excellent, heavy paper, the volumes impress with a really great reproduction quality. That alone was a reason for me to buy “Chromes” – and I already own one or two other photo books by William Eggleston.

Der Bildband/The Photo Book

Wie der Name vermuten lässt, handelt es sich bei den Bildern um Reproduktionen von Dias, die Egglestone zwischen 1969 und 1974 auf Kodakchrome und Ektachrome aufgenommen hat.

As the name suggests, the images are reproductions of transparencies Eggleston shot on Kodakchrome and Ektachrome between 1969 and 1974.

Die meisten dieser Fotos waren vor dem Erscheinen des Bildbandes unbekannt und stammen aus einem Archiv von ca. 5000 Bildern. Lediglich 48 davon hatte einmal John Szarkowski für das Buch “William Eggleston’s Guide” ausgewählt. Für “Chromes” haben schließlich Thomas Weski sowie Egglestons Söhne Winston und William aus diesem Archiv eine Auswahl von 344 Bildern getroffen.

Most of these photos were unknown before the photo book was published and come from an archive of about 5000 pictures. Only 48 of them were once selected by John Szarkowski for the book “William Eggleston’s Guide”. For “Chromes”, Thomas Weski and Eggleston’s sons Winston and William finally made a selection of 344 pictures from this archive.

John Szarkowski | William Eggleston’s Guide

Die frühen Jahre/The Early Years

In diesen drei Bänden schauen wir vor allem auf Egglestons frühen Jahre in Memphis und Umgebung. Damit bekommen wir hier einen wundervollen Einblick in die Zeit, in der Eggleston sich als Fotograf “selbst erschaffen” hat. Es ist genau die Phase, in der er begann, mit Farben, Licht und Kompositionen zu experimentieren und so seinen Stil fand, für den er berühmt wurde.

In these three volumes, we look primarily at Eggleston’s early years in Memphis and the surrounding area. This gives us a wonderful insight into the time when Eggleston “created himself” as a photographer. It is exactly the phase in which he began to experiment with colours, light and compositions and thus found his style for which he became famous.

Der “typische” Eggleston ist hier zwar schon klar zu erkennen, aber in jedem der drei Bände warten dann doch noch Überraschungen. Die für ihn so charakteristischen Bilder von urbanen Landschaften werden immer wieder unterbrochen durch überraschend persönliche und teils intime Bilder. Besonders das macht es auch für Kenner von William Eggleston so interessant.

The “typical” Eggleston is already clearly recognisable here, but surprises await in each of the three volumes. The images of urban landscapes that are so characteristic of him are repeatedly interrupted by surprisingly personal and sometimes intimate images. This is what makes it so interesting, even for connoisseurs of William Eggleston.

Abschließende Worte/Final Words

Der dreiteilige Bildband “Chromes” ist sicher für jeden Anhänger des Werkes von William Eggleston ein Muss – egal in welcher der beiden Auflagen. Gleiches dürfte im Prinzip für jeden Fotobuchsammler gelten, zumindest sofern man grundlegend an der Geschichte der modernen Fotografie interessiert ist.

Bleibt ein kleiner Haken: der Preis. Regulär kostet “Chromes” (2022) im Moment 480,- € – sicherlich ein stolzer Preis, selbst wenn man die hohe Qualität berücksichtigt. Ich hatte im Sommer 2022 das große Glück, es zum Einstandspreis von 280,- € zu ergattern. Vielleicht würde ich es auch zum aktuellen Preis kaufen, aber da muss man schon ein wenig ein Liebhaber sein…

The three-part photo book “Chromes” is certainly a must for every follower of William Eggleston’s work – no matter which of the two editions. The same should apply in principle to every photo book collector, at least if one is fundamentally interested in the history of modern photography.

There remains a small catch: the price. Regularly, “Chromes” (2022) costs 480,- € at the moment – certainly a steep price, even considering the high quality. I was lucky enough to get hold of it in the summer of 2022 for the cost price of 280,- €. Maybe I would also buy it at the current price, but you have to be a bit of an enthusiast…

Ach ja, und noch etwas… hier und da bleibt auch ein wenig Nostalgie hängen. Das ist aber wohl sehr typisch beim Betrachten von Bildern aus dieser Zeit…

Oh yes, and one more thing… Here and there a little nostalgia remains. But that is probably very typical when looking at pictures from that time…

16 Comments

  • Hai Peter!
    Wenn Du hier deine Meinung über Fuji mit uns teilst, bin ich zu 90% gleicher Meinung!
    Was dich aber hier, in diesem Beitrag begeistert, kann ich nicht nachvollziehen! Den Namen Eggleston kannte ich bis heute nicht.
    Macht nichts, ich habe nichts verpasst!
    Frage dazu: Muss man die Fotografie verstehen, um Bilder als gut, weniger gut oder schlecht zu beurteilen? Muss man Fotografie oder gar Kunst studiert haben, um diese Bilder zu verstehen? Das ist genau diese art von Bilder, die für mich völlig banal, langweilig und uninspirierend sind! Was ist so toll daran, Autos von hinten, von der Seite zu fotografieren? Briefkästen, Parkplatz…..nee nee, nix für mich! Selbst wenn diese in Museen hängen oder in Bücher veröffentlicht werden.
    Abgesehen davon, dass mein Interessengebiet innerhalb der Fotografie in eine völlig andere Richtung geht, bilde ich mir ein, schon wesentlich bessere Aufnahmen in diesem Genre gesehen zu haben.
    Aber das ist alleine meine Meinung.
    Grüsse
    Auch Peter

    • Hallo Peter,
      sieh es doch mal so: wie schön, dass wir alle so unterschiedlich sind, unterschiedliche Vorlieben und Meinungen haben und das auch können/dürfen! 😉

      Was soll ich sonst sagen? Dir gefallen seine Bilder nicht? OK! Du findest keinen Zugang zu seiner (Art der) Fotografie? Geschenkt! Du hast keine Lust Dich damit zu befassen? Dein Recht! Mir geht es wie Du gemerkt hast halt ganz anders. Ich kann damit sehr wohl viel anfangen und studiere auch sehr gerne seine Arbeiten. Für mich sind sie Inspiration und vieles mehr. Dafür kann ich z.B. mit Tierfotografie oder typischen Modellfotos so ziemlich gar nichts anfangen. Jeder Jeck ist anders, sagen wir hier im Rheinland.

      Ein bisschen schade finde ich persönlich jedoch die negative Wertung, die in Deinen Ausführungen mitschwingt. Aber auch da: wie gut, dass wir in einen freien Land leben und damit auch dieses Recht haben…

      Bezogen auf Deine Aussagen zur Kunst hätte ich allerdings zwei (Gegen)Fragen: Was ist Deine Definition von Kunst? Und wen genau meinst Du damit, wenn es darum geht, diese (Bilder) als “gut, weniger gut oder schlecht zu beurteilen”? Dich? Oder die Allgemeinheit/Mehrheit?

      VG
      Peter

  • Hallo beide Peter,
    ich kann beide Positionen gut nachvollziehen, da ich bis vor ein paar Jahren auch nicht wirklich viel damit anfangen konnte, bis ich in der LFI 5/2017 auf Fotos von Fred Herzog gestoßen bin, die mich irgendwie nicht mehr los ließen. Dann stieß ich auf Saul Leiter und das kürzlich im Kehrer Verlag erschienene Buch „Unseen“. Es ist, zumindest für mich, die Einfachheit der Aufnahmen, die mich begeistert.
    Alf Lechner hat das in dem Filmbeitrag: Auf der Suche nach der Form (auf YouTube zu finden, etwa bei 1:40 min) sehr treffend beschrieben
    „Viele Leute suchen in einem Kunstwerk eine Bedeutung, sie suchen in einem Kunstwerk das schwer zugängliche, das Geheimnis. Das was sie zu sehen glauben, ist ihnen zu einfach, weil sie sehen nicht gelernt haben. Das Einfache ist von einer Gesellschaft, die aus Konsumgründen visuell überfüttert ist, sehr schwer zu verstehen.“
    Nun freue ich mich William Eggleston zu entdecken.
    VG Marco

    • Hallo Marco,

      auch ich habe keine Probleme damit, dass jemand mit Eggleston oder auch anderen Arten der Fotografie vielleicht wenig oder nichts anfangen kann. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass ich diese per se negative Bewertung seiner Arbeiten zumindest schade finde – also grundsätzliche diese Bewertung. Aber zurück zu Deinen Anmerkungen. Schön, dass Du Fred Herzog erwähnst… ich hatte nur kurz auf Stephen Shore hingewiesen. Aber Herzog ist natürlich auch einer der großen Wegbereiter der künstlerischen Farbfotografie… kenne ich noch zu wenig, ehrlich gesagt. Werde ich aber nachholen. Zudem werfe ich noch Harry Gruyaert ins Rennen – großartig! Vielleicht mein persönlicher Favorit, muss mal was vorstellen von ihm.
      Unseen ist natürlich auch ein wunderbares Buch… hach, es gibt so viele tolle Sachen! Vielen Dank nochmal für die Hinweise, auch auf das YouTube-Video!

      VG
      Peter

  • Hai Peter,
    wenn du eine negative Wertung in meinen Ausführungen siehst, ist das deine Interpretation. Ich sagte nur, dass ich die Bilder von Eggleston langweilig und banal finde.
    Was das Thema Kunst betrifft, haben sich bekanntermaßen zwei bis drei Aussagen etabliert:
    Kunst kommt von Können.
    Kunst liegt im Auge des Betrachters.
    Kunst ist was gefällt.
    Wobei die letztere Aussage schon in der zweiten enthalten ist. Und dazu tendiere ich. Weil ich mir keine Bildbände kaufen würde, wo Aufnahmen zu sehen sind, die mir nicht gefallen!
    Ich erfreue mich an Bilder von Lindbergh, Martin Schöller, Herb Ritts, Badulescu… nur um einige zu nennen. Herauszuheben wäre
    Albert Watson! Zu sehen, wie akribisch er Licht einsetzt- das ist für mich fotografische Handwerkskunst!
    Aber so wie du sagst: Jeder Jeck ist anders.
    Evtl. ein Tip für dich: Lewis Baltz “Works” bei Steidl.
    Mit Einschränkungen: Peter Braunholz bei Kehrer.
    Grüsse
    Auch Peter

    • Hallo nochmal Peter,

      wahrscheinlich haben wir eine etwas andere Interpretation von Bewertung, denn “langweilig und banal” empfinde ich schon als eine negative Wertung. Aber hey, lass’ und bloß nicht darüber streiten, das hier ist kein Forum… da kriege ich immer die Krise, wie es in sowas abgeht. 😉

      Und danke für die Tipps. Für den Baltz muss ich aber erstmal noch genau auf mein Konto schauen… 🙂

      VG
      Peter

  • Der Preis ist verständlich bei dem Aufwand
    (siehe bei YouTube das Video Lewis Baltz – Works (with a commentary by Gerhard Steidl))

    • Hallo Marco,

      danke für den Hinweis. Ich wollte gar nicht sagen, dass es das Geld vielleicht nicht wert ist. Aber ich müsste mir schon sehr gut überlegen, ob ich 1000,- € für einen – wenn auch mehrteiligen – Bildband hinlegen möchte.

      https://steidl.de/Books/Works-Last-Edition-0614395355.html

      Ich glaube, in diesem Fall wäre es mir persönlich eher nicht wert. Aber sicher trotzdem ein tolles Werk, das mit viel Aufwand gemacht wurde…

      VG
      Peter

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